Digitale Senioren und die Einführung des elektronischen Patientendossiers

Digitale Angebote sind bei der Generation 65+ hoch im Kurs: 74 Prozent der Seniorinnen und Senioren sind heute online unterwegs. Zu diesem spannenden Ergebnis kommt die nationale Studie «Digitale Senioren 2020» (1), welche die Universität Zürich im Auftrag von Pro Senectute Schweiz noch vor der Corona-Krise durchgeführt hat. Und die Senioren sind nicht nur als passive Konsumenten dabei: Fast die Hälfte der Senioren, die heute das Internet nutzen, sind bereit, ihre gesundheitsbezogenen Daten an Dritte über eine Applikation, bzw. über das Internet zu teilen.

Bedeutungsvoll ist dieses Resultat im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD). Ältere Menschen mit Mehrfachdiagnosen und höheren Gesundheitsrisiken, profitieren in besonderem Mass vom EPD.

Bildquelle: Badische Zeitung/Mascha Brichta


Doch wann stehen die Dossiers den interessierten Nutzern zur Verfügung? Der ursprüngliche Einführungstermin für die Spitäler, Pflegeinstitutionen und Rehakliniken vom 15.04.2020 ist bereits Geschichte. Gemäss eHealth Suisse, der Kompetenz- und Koordinationsstelle von Bund und Kantonen, sind die Arbeiten an der Zertifizierung der Stammgemeinschaften Anfang März 2020 ins Stocken geraten. «Es zeigte sich, dass die Akteure unterschiedliche Auffassungen über die letzten Schritte der Zertifizierung hatten. Dies betraf insbesondere die Daten-, Kommunikations- und Netzwerksicherheit. Inzwischen konnten die offenen Punkte geklärt und die Zertifizierungsverfahren wiederaufgenommen werden.» (2). Die Zertifizierung der Stammgemeinschaften wird von zwei privaten Firmen durchgeführt. Diese müssen von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle SAS als EPD-Zertifizierungsstelle anerkannt werden, bevor sie eine Stammgemeinschaft zertifizieren dürfen. Erwartet wird, dass die Stammgemeinschaften bis spätestens 30. Oktober 2020 zertifiziert sind.


Grundsätzlich hat die Verspätung beim EPD-Anschluss für die Gesundheitsversorgung in der Schweiz keine Konsequenz. Die Listenspitäler wurden aufgefordert, einen schriftlichen Nachweis über den Beitritt zu einer Stammgemeinschaft vorzulegen. Doch bis die Dossiers tatsächlich zur Verfügung stehen dürfte es 2021 werden!


Zwischenzeitlich dürfte das Interesse der Online-Senioren an digitalen Angeboten weiterwachsen. "Unsere Erfahrungen zeigen, dass ältere Menschen die Nutzung digitaler Angebote infolge der Corona-Krise intensiviert und ihre digitalen Kompetenzen ausgebaut haben", bestätigt ein Autor der Studie «Digitale Senioren 2020». Die erweiterten Kompetenzen fördern die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen und erhöhen ihre Autonomie und Mobilität. So macht die Studie deutlich, dass sich Seniorinnen und Senioren dank des Internets selbstständiger und unabhängiger fühlen.