Managed Care kann unnötige Herzkatheter verhindern.

Das MP Expertengespräch mit Dr. med. Felix Huber, er eröffnete 1998 die erste mediX-Gruppenpraxis und ist heute Leiter der mediX Notfallpraxis am Stauffacher sowie Verwaltungsratspräsident der Ärztenetze mediX und mediX Zürich.


Herr Huber, zwei von drei Schweizern wählen bei der Krankenversicherung ein Prämiensparmodell und lassen sich in einem Ärztenetzwerk behandeln. Managed Care - ein gelungenes Experiment, wie Sie es kürzlich selbst bezeichneten. Welche Faktoren sind für diesen Erfolg verantwortlich? Wir konnten überzeugend nachweisen, dass bessere Koordination die Qualität der medizinischen Versorgung steigert und gleichzeitig die Kosten senkt. Für die Versicherten ist in erster Linie der Prämienrabatt wichtig. Wenn sie dann auch noch Vertrauen in die hausärztliche Versorgung mitbringen, sind sie einem Hausarztmodell mit Steuerung durch den Grundversorger gut aufgehoben. Etwa ein Drittel der Schweizer Bevölkerung hat ein solches Modell gewählt. Ein weiteres Drittel hat eine telefonische Beratung vor Inanspruchnahme von Praxisleistungen gewählt.


Eine der grossen Herausforderungen im Schweizer Gesundheitswesen besteht darin, dass es gelingt, künftig die Kosten besser zu kontrollieren und die Qualität gezielter zu verbessern. Welchen Beitrag können die Ärztenetze dazu leisten? Die gut strukturierten Ärztenetze konnten nachweisen, dass sie die Clinical Excellence besser einhalten und dabei erst noch Kosten sparen. So wird beispielsweise vor einer Herzkatheteruntersuchung in solchen Ärztenetzen häufiger adäquat vorabgeklärt. In einer grossen Studie mit Helsanadaten konnte folgendes nachgewiesen werden: DiabetikerInnen und HerzpatientInnen in einem Managed Care-Modell, deren erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen immer der Hausarzt ist, 5 bis 10 Prozent seltener ins Spital eingeliefert wurden als Standardversicherte. Spitaleinweisungen gelten als Mass der Qualität der hausärztlichen Leistung. Die seltenere Spitaleinweisung zahlt sich aber auch in Franken und Rappen aus: insgesamt lagen die Kosten im Hausarztmodell um 780 Franken – oder rund 10 Prozent – tiefer als in der Standardversicherung (1064 Franken bei DiabetikerInnen, 680 Franken bei Herzkranken und 501 Franken bei Lungenkranken).


Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat ein Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen erarbeitet. Der Bundesrat möchte eine Art Kostenbremse ins KVG hineinschreiben. Eine entsprechen Vorlage soll bis Ende Jahr 2019 in Vernehmlassung gehen. Was bedeutet dies für Managed Care resp. die koordinierte Versorgung? Wir haben bereits nachgewiesen, dass wir in unseren hausärztlich koordinierten Versorgungsmodellen risikobereinigt 15-20% der Kosten einsparen. Dies funktioniert auf der dreifache Freiwilligkeit: Der Versicherte wählt freiwillig ein solches Produk, die Ärzte schliessen sich freiwillig in gut strukturierten Netzen zusammen und die Versicherungen sind frei, welche Verträge sie mit den Ärztenetzen aushandeln. Kostenbremsen oder Globalbudgets werden in der Schweiz in der Umsetzung scheitern und man wird damit nur Zeit verlieren. Nach fünf Jahren wird man resigniert feststellen müssen, dass diese zentralistischen Vorgaben in der Schweiz nicht umsetzbar sind. Setzen wir lieber alles auf die Karte von guter hausärztlich koordinierter Versorgung.


Herr Huber, Sie haben in der Schweiz während 35 Jahren die Entwicklung von Managed Care Modellen konsequent vorangetrieben. Was sind Ihre wichtigsten Lessons learned dazu? Wir brauchen faire Rahmenbedingungen und genügend Freiheit bei der Produkte- und Preisgestaltung. Einseitige Listenmodelle, wie sie im Moment allen voran die Assura auf den Markt wirft, zerstören unsere langjährige Aufbauarbeit. Wir werden über eine KVG-Revision (Motion Ruth Humbel) ein Kündigungsrecht für den Arzt von solchen Listenprodukten einzuführen suchen. Gute hausärztliche Koordination braucht innovative Hausarztnetze und Versicherungen, die bereit sind, diese Entwicklung längerfristig zu fördern. Und wir wollen EFAS, also die einheitliche Finanzierung von ambulant und stationär für die Schweiz. Dann werden wir unsere Prämien nochmals um weitere 6 % senken können.


Dr. med. Felix Huber

Präsident mediX schweiz und Verwaltungsratspräsident mediX zürich, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, 50% Praxistätigkeit in der mediX Notfallpraxis am Stauffacher und in der mediX Praxis in Altstetten, Zürich.